Die Augustausgabe des Gambero Rosso (italienischer Zeitschrift von Slow Food) titulierte die große Reportage über den Fritto Misto mit "Siamo fritti", was auf Deutsch in etwa heißen würde "Wir sitzen nun in der Klemme". "Wir sind fritiert" also.
Wenn von Fritto Misto die Rede ist, denkt man gleich an Fisch und Meeresfrüchte, denn das ist der bekannteste Fritto Misto. Frittiert wird in Italien aber nicht nur Fisch, sondern... fast alles! Unter den regionalen Spezialitäten, die der Gambero Rosso auflistet gibt es: Batsoà (Schweinefüße) in Piemont, Spinattirtlen (Spinattortelli) im Tessin, Torta fritta (fritierte "Torte") in der Emilia Romagna, pollo e coniglio fritto (fritiertes Hähnchen und Kaninchen) in der Toskana, Olive ascolane (gefüllte Oliven) und cremini (Vanille bzw. Tortencremestücke) in den Marken, fritierten Käse in den Abruzzen, Panzerotti in Campania, Arancine auf Sizilien (die haben wir auch auf unserer Karte). Das ist nur ein Teil von der unendlichen Vielfalt. Überall in Italien nimmt die Fritüre einen wichtigen Platz in der kulinarischen Tradition an.
Für mich hat der Agnello fritto (frittiertes Lamm) den Geschmack einer Kindheitserinnerung: Lamm wurde in der Toskana selten, fast nur am Ostern gegessen (die Toskaner waren ja keine Hirten, sondern viel mehr Bauern, deswegen gehörten Schafe nicht unbedingt zu den Nutz- bzw. Zuchttieren). Am Ostersonntag war aber Lamm die Spezialität und es kam fast ausschließlich fritiert auf den Tisch. In der Zwischenzeit haben die Toskaner ihre "Fritierkünste" ausgeweitet: man frittiert nicht nur traditionsgemäß Zucchini und ihre Blüten, Artischockenherzen, Cardi, Zwiebelrinde und Auberginen, sondern auch Salbeiblätter (gefüllt oder auch nicht), Basilikum und Akazienblüten.
Wenige Restaurants bieten den traditionellen Fritto misto an. Wegen dem Aufwand. Denn ein Fritto misto muß von der Pfanne gleich auf den Teller, sofort gegessen werden, so schmeckt er am besten und es ist nicht einfach, so viele verschiedene Fleisch- und Gemüsesorten gleichzeitig zu fritieren.
Trotzdem! Kochen ist manchmal der Versuch, Geschmäcker der eigenen Vergangenheit wieder zu beleben. Weil eine große Freude ist, wenn man etwas gekocht hat, das wie "damals" schmeckt. Auch deswegen gibt es bei mir manchmal fritiertes Hähnchen und Kaninchen.
Zutaten
Allora... für 6 Personen braucht man:
Ein Brathähnchen, nicht zu groß, in kleinen Stücken geschnitten, ein Kaninchenrücken auch in Stücken, 6-10 Lammkotelettes, 2 Zucchini, 12 Artischockenherzen (nicht von der Dose! Die gibt es auch gefroren, auch wenn nicht überall), 2 nicht zu reife feste Fleischtomaten, 1 Aubergine,
Mehl, Zitronenschale, Olivenöl, Salz, Semmelbrösel, 3 Eier, 2 Liter Samenöl zu fritieren.
In Italien kann man in jedem Lebensmittelgeschäft ein spezielles Farina per Fritture, ein Fritiermehl kaufen. Na ja, die Italiener haben oft eine Prise Fantasie mehr als andere... Wer weiß, vielleicht wird dieses Mehl bald auch in D zu finden sein. Solange müssen wir mit dem ganz normalen Weizenmehl auskommen oder nach Italien fahren.
So wird es gemacht:
Rita bereitet die "Pastella" vor.
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In einer Schüssel reibt sie die Schale einer halben Zitrone, gibt ein Ei, ein Eßlöffel Olivenöl, 1 Eßlöffel Parmesan, 1 Glas Wasser, 1 Prise Salz dazu. Sie rührt alle Zutaten und mischt Mehl bei, bis die richtige Konsistenz erreicht ist: Die Pastella muß noch relativ flüßig und doch fest-cremig sein.
Die Fleischstücke werden dann hinein getunkt und in einer Pfanne mit heißem Samenöl bei am Anfang höherer und dann niedriger Hitze mind. 20 Minuten fritiert.
Die Zucchini werden in runde 1/2cm-Scheiben geschnitten, die Artischockenherzen halbiert, in die Pastella eingetunkt und dann (getrennt vom Fleisch) in der Pfanne oder in der Friteuse ca. 5 (di Zucchini) bis 10 Min. (die Artischockenherzen) bei mittlerer Hitze fritiert.
Fleisch und Gemüse auf Küchenpapier abtropfen lassen und salzen.
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Die Lammkotelettes werden "eingemehlt", dann in 2 geschlagene Eier, in die ich eine kleine Prise Salz beigemischt und ganz wenig Zitronenschale gerieben habe, hineingegeben, mit dem Semmelbrösel bedeckt und in heißem Samenöl kurz fritiert.
Die Fleischtomaten und die Auberginen in relativ dicke (1 cm) Scheiben schneiden, mit Mehl richtig bedecken, in heißem Samenöl 5-10 Min. braten, auf Küchenpapier abtropfen lassen, salzen wenn sie noch heiß sind.
Am Ende werden alle diese "Teile" auf eine Platte mit dicken Zitronenscheiben gerichtet und heiß serviert (eventuell im Backofen warm halten)....
Nicht einfach! Aber die Mühe und das Chaos, das möglicherweise in der Küche nach so viel Fritieren herrschen wird, lohnen sich. Weil ein Fritto misto ist... wie noch ein mal zum Kind werden!